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Hinweise auf Ausstellungen; Rezensionen von Büchern; Interviews mit Fotografierenden, Kunstschaffenden und Medienaktiven; Anmerkungen zur Geschichte und Theorie der Fotografie; Kommentare zur Kultur; Berichte zum Zeitgeschehen und von Reisen.

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Diane Arbus im Gropius Bau

In wenigen Tagen wird in Berlin die Retrospektive Diane Arbus: Konstellationen eröffnet. Vom 16.10.2025 bis zum 18.01.2026 bietet sich im Gropius Bau die Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit dem Werk einer der großen Fotografinnen des Zwanzigsten Jahrhunderts. Angekündigt sind 454 Fotografien, einige davon erstmals im Rahmen einer öffentlichen Präsentation. Es handelt sich, so der Veranstalter, um die bislang umfassendste Ausstellung des Werkes von Diane Arbus (1923 – 1971). Die Feuilletons werden das Ganze wohl in den kommenden Tagen umfangreich würdigen. Grund genug, vorab schon einmal an die bisherige Rezeption des Werkes zu erinnern.

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William Kentridge in Dresden und Essen

Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowie das Museum Folkwang in Essen bieten anlässlich des siebzigsten Geburtstages von William Kentridge in parallelen Ausstellungen mit dem gemeinsamen Titel Listen to the Echo einen grandiosen Überblick über das Werk und die Arbeitsweise des südafrikanischen Künstlers. Großartige, mehrkanalige Videoinstallationen, Skulpturen, Kohlezeichnungen und Objekte, Druckgrafiken sowie performative Konzeptionen für die Bühne vereinen sich zu einem universellen Kunstverständnis, das gleichsam Phantastisches wie Politisches enthält. Einen Schwerpunkt stellt die wechselvolle Geschichte seines Heimatlandes und dessen koloniale Vergangenheit dar. Kentridges Eltern waren Anwälte von Nelson Mandela.

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Dirk Reinartz in der Kunsthalle Erfurt

Allen Freundinnen und Freunden der klassischen analogen Reportagefotografie unbedingt zu empfehlen und ein Beleg dafür, dass überzeugende Fotografie keine digitale Hyperperfektion benötigt: Die vorzügliche Ausstellung Dirk Reinartz. Fotografieren, was ist in der Kunsthalle Erfurt. Schwarzweißaufnahmen in kleineren Formaten und einige Farbserien bezeugen das Können eines Fotografen, der sein Handwerk gelernt hat und dies sowohl bei Auftragsarbeiten wie auch in eigenen Projekten umsetzte. Einen besonderen Schwerpunkt bildete die Suche nach der deutschen Identität mit ihren historischen Brüchen und Widersprüchen. So befasste sich Reinartz in fotografischen Erzählungen mit dem Leben in beiden deutschen Staaten sowie den Herausforderungen nach dem Fall der Mauer. Aber er war auch weltweit unterwegs. Seine Bildsprache war stilprägend für einen essayistisch angelegten Fotojournalismus, dem es mehr um Empathie und Typisches ging als um die schnelle Sensation.

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Der Augenblick im Strom der Zeit

Fotografie findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern stets in einem sozialen Kontext. Was wir Bildrealität nennen, ist ein erlerntes Kulturprodukt und damit potentiell kontingent. Zwar hat die globalisierte Angleichung von Lebensformen dazu geführt, dass viele Alltagsszenen weltweit verstanden werden, es bleibt jedoch ein möglicher Rest von Fremdheit. Riten und Gebräuche, die uns selbst nicht vertraut sind oder die wir als solche vielleicht gar nicht erkennen, können das adäquate Verständnis eines Bildes einschränken. Ob eine Fotografie wahrhaftig ist, kann deshalb von einem Fremden, an anderen Orten sind übrigens wir die Fremden, mitunter kaum beurteilt werden. Alltagsszenen werden vor allem im eigenem Kulturkontext verstanden.

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Subjektive Dokumentation

Die fotografische Sammlung des Museum of Modern Art in New York gilt als einzigartig. Einige Ausstellungen wurden selbst zu Meilensteinen der Fotografiegeschichte. Neben The Family of Man (1955) zählt hierzu New Documents aus dem Jahr 1967 mit nicht einmal hundert Schwarzweißfotografien. Einen Katalog gab es damals nicht. Erst fünfzig Jahre später wurde vom MoMA eine Dokumentation zusammengestellt und mit Begleittexten als Buch veröffentlicht. Es vermittelt einen Eindruck davon, warum die Ausstellung eine geradezu paradigmatische Bedeutung für die zeitgenössische Fotografie bekam.

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Die Objektivitätsfrage in der Fotografie

Alle Überlegungen zum Verhältnis von Wirklichkeit und fotografischem Abbild berühren zwangsläufig die grundlegende Frage nach der Objektivität. Kann eine Fotografie eine neutrale, unverfälschte Darstellung der Realität bieten, oder ist jedes Bild notwendigerweise perspektivisch, subjektiv und mitunter auch ideologisch geprägt? Diese Debatte ist nicht nur für die Fototheorie zentral, sondern reicht bis in die Erkenntnistheorie, die Medienwissenschaft und die Kunstgeschichte hinein.

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Faust in Weimar

Stadtmarketing ist ein mühevolles Geschäft. Stets muss mit Neuem gelockt werden. So wirbt die Klassik Stiftung Weimar 250 Jahre nach der Ankunft Goethes mit dem passend gemachten Themenjahr Faust. Beteiligt sind alle Einrichtungen, die diesbezüglich etwas zu bieten haben. Doch wie wird das Hauptwerk Goethes präsentiert? Schließlich geht es, höchst aktuell, um die Suche nach Allwissen und Macht sowie, nicht zuletzt, um die Ausbeutung der Natur. Das vieldeutige Werk lädt zu Interpretationen ein, gerade weil es sich nicht in allen Facetten unmittelbar erschließen lässt. Gefordert ist die aktive Auseinandersetzung. Der Besuch in Weimar wird zu einer Spurensuche zwischen Hochkultur und touristischer Animation.

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Verbitterung und Ressentiment

Einer der wichtigen Lernprozesse des Lebens besteht darin, Phantasmen und Ressentiments nicht mit der Realität zu verwechseln. Selbst Träume oder Drogenerfahrungen sind zwar im Rahmen der eigenen Lebenswelt in gewisser Hinsicht real; ihre Stoffe bilden jedoch keine Realität ab, die von anderen geteilt werden kann. Auch Vorurteile oder Eifersuchtsdramen konstruieren etwas, das einer nüchternen Überprüfung meist nicht standhält. Sie bleiben Phantasien. Gleichwohl ist man schnell bereit, sie als Beleg für Wirkliches zu halten.

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Weibliche Inszenierungen in den 1920ern

Ende der 1980er Jahre wurde die Berlinische Galerie auf einige Bilder einer weitgehend unbekannten Fotografin aufmerksam. Es handelte sich um Marta Astfalck-Vietz, deren fotografische Schaffensphase vor allem in die Zeit der Weimarer Republik fiel. Aus heutiger Sicht zählt sie zur Avantgarde der Zwanziger Jahre. Janos Frecot, in den 80ern Kurator des Museums, nahm den Kontakt zu Astfalck-Vietz auf und die schon Hochbetagte erzählte ihm ihre Geschichte. Später erhielt die Berlinische Galerie den Nachlass, aus dem jetzt anlässlich des fünfzigjährigen Bestehens die Ausstellung Inszeniertes Selbst zusammengestellt wurde.

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