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Hinweise auf Ausstellungen; Rezensionen von Büchern; Interviews mit Fotografierenden, Kunstschaffenden und Medienaktiven; Anmerkungen zur Geschichte und Theorie der Fotografie; Kommentare zur Kultur; Berichte zum Zeitgeschehen und von Reisen.

Ulrich Metzmacher Ulrich Metzmacher

Faust in Weimar

Stadtmarketing ist ein mühevolles Geschäft. Stets muss mit Neuem gelockt werden. So wirbt die Klassik Stiftung Weimar 250 Jahre nach der Ankunft Goethes mit dem passend gemachten Themenjahr Faust. Beteiligt sind alle Einrichtungen, die diesbezüglich etwas zu bieten haben. Doch wie wird das Hauptwerk Goethes präsentiert? Schließlich geht es, höchst aktuell, um die Suche nach Allwissen und Macht sowie, nicht zuletzt, um die Ausbeutung der Natur. Das vieldeutige Werk lädt zu Interpretationen ein, gerade weil es sich nicht in allen Facetten unmittelbar erschließen lässt. Gefordert ist die aktive Auseinandersetzung. Der Besuch in Weimar wird zu einer Spurensuche zwischen Hochkultur und touristischer Animation.

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Verbitterung und Ressentiment

Einer der wichtigen Lernprozesse des Lebens besteht darin, Phantasmen und Ressentiments nicht mit der Realität zu verwechseln. Selbst Träume oder Drogenerfahrungen sind zwar im Rahmen der eigenen Lebenswelt in gewisser Hinsicht real; ihre Stoffe bilden jedoch keine Realität ab, die von anderen geteilt werden kann. Auch Vorurteile oder Eifersuchtsdramen konstruieren etwas, das einer nüchternen Überprüfung meist nicht standhält. Sie bleiben Phantasien. Gleichwohl ist man schnell bereit, sie als Beleg für Wirkliches zu halten.

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Weibliche Inszenierungen in den 1920ern

Ende der 1980er Jahre wurde die Berlinische Galerie auf einige Bilder einer weitgehend unbekannten Fotografin aufmerksam. Es handelte sich um Marta Astfalck-Vietz, deren fotografische Schaffensphase vor allem in die Zeit der Weimarer Republik fiel. Aus heutiger Sicht zählt sie zur Avantgarde der Zwanziger Jahre. Janos Frecot, in den 80ern Kurator des Museums, nahm den Kontakt zu Astfalck-Vietz auf und die schon Hochbetagte erzählte ihm ihre Geschichte. Später erhielt die Berlinische Galerie den Nachlass, aus dem jetzt anlässlich des fünfzigjährigen Bestehens die Ausstellung Inszeniertes Selbst zusammengestellt wurde.

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Liebe in misstrauischen Zeiten

Im Wesentlichen ist der Unterschied zwischen einem Foto und dem gerade ankommenden Licht eines seit Jahrmillionen toten Sterns nicht allzu groß. Beides zeigt Dinge, die längst vergangen sind. Zu dieser Erkenntnis gelangt der Fotograf András Szabad in dem grandiosen Roman Das Ende von Attila Bartis. Die Handlung spielt in Ungarn und umfasst Biografisches aus dem Leben von András bis in die Zeit nach der kommunistischen Herrschaft im Jahr 1989. Tagebuchartige Reflexionen verbinden sich mit subtilen Wahrnehmungen des politischen Geschehens. Zentrale Themen sind der niedergeschlagene Volksaufstand 1956 und die Nachwirkungen im Privaten. Misstrauen ist allgegenwärtig. Betrachtungen zur Fotografie durchziehen den Roman und spiegeln Gesellschaftliches im Individuellen.

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Kunst und Künstliche Intelligenz

Wie lässt sich in Zeiten KI-generierter Bilder Nichtkunst von Kunst unterscheiden? Sind Maschinen in der Lage, von Menschen gemachte Werke so zu imitieren, dass phänomenologisch kein Unterschied erkennbar ist? Und wäre dies ein Drama? Solche Überlegungen führen zu der Frage, was Kunst überhaupt ist. Im postmodernen Zeitalter des Anything goes scheint es darauf keine überzeugende Antwort zu geben. Alles ist möglich und das Label Kunst wirkt nicht selten wie eine naive Schimäre mit Definitionsmustern vergangener Zeiten. Da sich der Begriff Kunst jedoch beharrlich hält und jede Beliebigkeit auch eine Sinnlosigkeit beinhaltet, die wir nicht mögen, suchen wir weiter nach plausiblen Definitionen.

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Der Fotoapparat als Krempel

Die Hersteller von Kameras sind nicht zu beneiden. Gab es einst einen riesigen Amateurmarkt, der zuverlässig mit allerlei Apparaten versorgt sein wollte, sind die taschengeeigneten Kleinkameras nahezu vollständig verschwunden. Und warum gar ein schweres schwarzes Ding mitschleppen, wenn sich für den Erinnerungsbedarf ein ähnliches Ergebnis mit dem Smartphone erzielen lässt. Auch große Kameras sind eine Nebensache geworden. Wenn mit ihnen überhaupt noch ein nennenswerter Umsatz erzielt werden soll, müssen neben den Profis, die auf taugliches Gerät angewiesen sind, die ambitionierten Freizeitfotografen angesprochen werden. Da Skalierungseffekte durch die Produktion großer Mengen weggefallen sind, werden die Kameras aber immer teurer.

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Die Debatte um Karl Hofer

Jedes Bild lässt sich verorten irgendwo zwischen den Polen realitätsbeanspruchender und frei erfundener Botschaften. Fotografisches tendiert, technisch bedingt, meist zum Gegenständlichen, in der Malerei hingegen ist von vorneherein alles möglich. Aber schon innerhalb der bildenden Kunst gab es bezüglich der Aufgaben der Malerei leidenschaftlich geführte Auseinandersetzungen zwischen den Abstrakten und den Realisten. Die Diskussionen begannen im ausgehenden 19. Jahrhundert mit dem Impressionismus und setzten sich mit Expressionismus, Konstruktivismus, Surrealismus sowie allerlei anderen Ismen fort. Manche Bewahrer des Naturalistischen mochten dies alles nicht sehen.

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In der Ferne

Reisen ist eine ambivalente Angelegenheit. Das Erleben neuer Kulturen, aber auch das Entdecken des Fremden in sich selbst weist als Bestandteil des bildungsbürgerlichen Auftrags nach der Sinnsuche Licht- und Schattenseiten auf. Die Konfrontation mit dem Unbekannten erweitert den Horizont und relativiert eingeprägte, kulturell gebundene Sichtweisen. Man lernt Menschen kennen, schreibt ein Reisetagebuch und geht auf fotografische Entdeckungstour. Wir erwandern eine neue Stadt oder Landschaft, bis nach und nach eine innere Orientierungskarte entsteht. Hin und wieder muss man damit rechnen, einen Plan über Bord zu werfen, weil etwas dazwischenkommt. Irgendwann sind wir dann ein wenig heimisch geworden und begreifen den Wachstumsprozess als Ergebnis der Auseinandersetzung zwischen unserem Selbst und dem Fremden.

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Die Antinomien des Fotografischen

Vom Maler, Fotografen, Literaten und collagierenden Dadaisten Raoul Hausmann (1886 – 1971) liegen eine Reihe fotografietheoretischer Texte aus den 1920er bis in die 1960er Jahre vor, die auch heute noch Beachtung verdienen. Meist geht es um das Changieren zwischen freier Kunst und Wirklichkeitsabbildung sowie, dazwischen, den Möglichkeiten und Grenzen der Fotografie. Trotz der Begeisterung für das in den Zwanziger Jahren im Massengebrauch noch relativ jungen Medium, welches Hausmann als eine Bereicherung künstlerischer Techniken wahrnahm, merkte er auch Skeptisches an. Letztlich führte dies zu einer Abgrenzung der Fotografie vom übrigen Bildgestalten.

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