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Hinweise auf Ausstellungen; Rezensionen von Büchern; Interviews mit Fotografierenden, Kunstschaffenden und Medienaktiven; Anmerkungen zur Geschichte und Theorie der Fotografie; Kommentare zur Kultur; Berichte zum Zeitgeschehen und von Reisen.

Ulrich Metzmacher Ulrich Metzmacher

Einmal wieder: Was ist Fotografie?

Die Frage nach der Definition von Fotografie scheint vor dem Hintergrund KI-generierter Bilder, die gegenwärtig das Netz überschwemmen, so aktuell wie nie zuvor. Viele dieser Bilder sehen wie Fotografien aus, sind jedoch, strenggenommen, keine. Schließlich wurde zur Bildherstellung statt einer Kamera die Tastatur benutzt. Bestenfalls könnte darauf verwiesen werden, dass die KI-Generatoren auf fotografisches Bildmaterial zurückgreifen, mit dem sie trainiert worden sind. Selbst ohne KI steht jedoch die Frage im Raum, wie es mit dem Medium Fotografie weitergeht und wo möglicherweise die Grenzen einer Definition liegen. Das Thema ist nicht neu. Wir kommen darauf zurück. Aber auch aktuelle Ausstellungen und Debattenbeiträge schließen daran an.

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Landvolk in der Hauptstadt

Das Rednerpult vor dem Brandenburger Tor für den Bauernführer und den Minister war am frühen Montag noch nicht aufgebaut. Viele der nach Berlin Gekommenen hatten aber bereits die Nacht dort verbracht. Wärmende Feuer, laufende Motore und Bierflaschen zeugten davon, ebenso die Versorgung mit allerlei Gegrilltem. Vor den Cafes Unter den Linden hingegen lästernder Unmut. Keine Brötchen mit Wurst. Oh, diese Hauptstadtvegetarier! Es wurde mit lässigem Humor zur Kenntnis genommen. Eine andere Welt eben. Aber das gilt für beide Seiten. Ressentiments sind schnell zur Hand.

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Van Eyck und die Lust am Detail

Bei vielen Fotografien von Ansel Adams bis zu Andreas Gursky stellt die Detailbetonung ein wichtiges Merkmal dar. Ob unter Einsatz analoger Großformatkameras oder mit Hilfe digitaler Montagetechniken entstanden, beide Ergebnisse fordern vom Betrachter ein aufmerksames Abtasten der gesamten Oberfläche. Soll das Bild mit Sinn versehen werden, muss man die Details aufsuchen. Aber auch bei der alltäglichen Fotografie, egal ob professionell oder im freien Spiel, kommt der Bildgenauigkeit nicht selten eine paradigmatisch aufgeladene Bedeutung zu. Dabei bedarf es heutzutage lediglich ein wenig Sorgfalt und technischer Kamerabeherrschung, um detailreiche Bilder zu schaffen.

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Durchhalten

Die letzten Feiertage des vergangenen Jahres sind fast schon wieder vergessen. Nun Alltag. Der Januar ist der Montag unter den Monaten. Einige der Vorsätze für Neues bröckeln bereits. Passend das Wetter, dunkel und nass. Viren in der Luft. Hin und wieder das Piepen von Vögeln, als sei der Winter schon erledigt. Neue Streckensperrungen bei der Bahn. Zusammenbruch der IT in Berlins Bürgerämtern. Sie arbeiten jetzt wieder analog mit Zetteln. Wenn überhaupt. Arme Ärzte wollen ihre Praxen schließen. Lokführer und Landwirte mimen Wut. Strippenzieher im Hintergrund treiben an. Zeitungen füllen die Seiten mit Prognosen für 2024.

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Auf in das neue Jahr!

Neujahr, ja und? Die Vier ist neu. Aber sonst? Die Welt dreht sich weiter wie am Tag zuvor. Abzüglich der guten Vorsätze. Aber auch diese werden sich bald geglättet haben. Bleiben die Nachwirkungen der Teufelsaustreibung. Mit nächtlichem Radau und Promille wurden ein paar Übel hinweggefegt. Es bleiben jedoch genügend übrig. Nicht alle sind verhandelbar. Oder sie zeigen eine penetrante Beharrlichkeit. Die Dinge werden wohl ihren gewohnten Gang nehmen.

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Die neue Empfindlichkeit

Der Fotograf und Digitalkünstler Boris Eldagsen wurde vor einigen Monaten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als sein Bild Pseudomnesia: The Electrician beim Sony World Photography Award ausgezeichnet wurde, obwohl es sich, von den Juroren unbemerkt, um ein KI-Werk handelte. Eldagsen nahm die Auszeichnung nicht an und machte öffentlichkeitswirksam auf die Problematik der neuen Bildtechnologie aufmerksam. Im Unterschied jedoch zu anderen, die KI-generierte Bilder als Übel betrachten, empfindet Eldagsen, wie er in einem Interview mit dem monopol Magazin deutlich macht, die neuen Möglichkeiten als Befreiung. Probleme bekommt allerdings auch er. Eine Ausstellung mit dem Titel Trauma Porn stieß auf Widerstände, da seine Bilder von einigen als unzumutbar empfunden wurden.

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Empfindsamkeit oder Empfindlichkeit

Mal wird an einer Hochschule ein Gedicht an der Wand übertüncht, weil es sensible Gemüter verletzen könnte, mal eine Ausstellung verhindert oder abgebrochen, weil die Bilder als unzumutbar gelten, oder, wie in einigen amerikanischen Bibliotheken, der Bestand gesäubert, weil die Werke allzu freigeistig seien. Auch hierzulande werden Bücher neu bearbeitet oder aus dem Verlagsprogramm genommen, wenn der originale Sprachduktus nicht mehr opportun erscheint. Vorsicht überall. Es breitet sich eine Empfindlichkeit aus, die stets damit begründet wird, dass irgendjemand durch die Begegnung mit inkriminierten Artefakten ein Leid erfahren könnte. Eingreifende Forderungen kommen von konservativer und religiös fundamentalistischer Seite ebenso wie von vermeintlich progressiver, feministischer, linker.

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Klare Zeilen und weise Tage

Bei Fotografien sind wir es gewohnt. Meist werden sie nachträglich bearbeitet und gefällig gemacht. Vergleichbares gibt es in der Schriftform. Bei belletristischen Werken spielt das naturgemäß keine Rolle. Anders ist dies bei Texten, die einen tagebuchähnlichen Charakter aufweisen. Wurden ursprüngliche Eintragungen vor einer Veröffentlichung verändert, erweckt dies einen manipulativen Eindruck bezüglich der einstmaligen Schreibsituation. Der Leser hat nun einmal die Erwartung, dass dem Tagebuch etwas Authentisches anhaftet. Schließlich wird es gelesen, um ein Bild von der Gemütslage und Denkweise des Autors oder der Autorin und ihren Entwicklungen zu gewinnen. Nachträgliche Änderungen machen misstrauisch und verderben die Laune.

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Lyonel Feininger als Fotograf

Wer in den 1960er und den nachfolgenden Jahren fotografisch sozialisiert wurde, ist mit einiger Wahrscheinlichkeit der Fotolehre von Andreas Feininger begegnet. Damals ein Standardwerk. Nach der von den Nazis erzwungenen Flucht der Familie aus Deutschland wurde er vor allem durch seine Fotografien New Yorks bekannt. Auch die Brüder Laurence und T. Lux sowie die Schwester Eleonore waren schon seit Anfang der 1920er Jahre künstlerisch aktiv. Man sagt, dass die Befassung des Vaters mit der Fotografie nicht zuletzt auf ihren Einfluss zurückgeht, denn Lyonel Feininger fing erst um 1928 an, mit der Kamera zu arbeiten. Es entstanden zahlreiche Experimente und Straßenfotografien, viele davon in Dessau, Halle oder im thüringischen Gelmeroda.

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