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Hinweise auf Ausstellungen; Rezensionen von Büchern; Interviews mit Fotografierenden, Kunstschaffenden und Medienaktiven; Anmerkungen zur Geschichte und Theorie der Fotografie; Kommentare zur Kultur; Berichte zum Zeitgeschehen und von Reisen.
Schwarzweißes und Philosophisches in Erfurt
Vielleicht liegt es am eigenen Alter, dass mich die hier gezeigten Fotografien so überzeugt haben. Vielleicht ist es aber auch mehr als das. Die Erfurter Kunsthalle hat es jedenfalls vollbracht, nicht nur eine herausragende Schau westdeutscher Fotografie von 1945 bis 2000 zu präsentieren, sondern sie hat damit auch einen Querschnitt modernen fotografischen Denkens gezeigt. Dass die digitale Fotografie dabei außen vor bleibt, trägt zum Niveau der Ausstellung bei. Die Konzentration liegt auf dem Analogen und Schwarzweißen als Höhepunkt der klassischen Fotografie.
Die Weisheiten des Fuchses
Anlässlich der jährlichen Verleihung des Kaiserrings darf sich die Stadt Goslar einer regelmäßigen medialen Aufmerksamkeit erfreuen. Alle bislang Ausgewählte haben in der zeitgenössischen Kunst Rang und Namen. Nachdem im vergangenen Jahr Isa Genzken den Preis erhalten hat, ist die Wahl der Goslarer Jury nun auf Wolfgang Tillmans gefallen, dessen Werkauswahl auf mehreren Etagen des kleinen Mönchehaus Museums gezeigt wird. Mit Matt Copson wurde darüber hinaus ein Stipendiat gekürt, dessen cartoonistisch anmutenden, dabei jedoch tiefgründige Videoarbeiten zwei weitere Räume füllen.
"Niagara" von Alec Soth
Inzwischen zählt Niagara zu den Klassikern zeitgenössischer Fotobücher und wurde gerade vom Verlag neu aufgelegt. Das British Journal of Photography nahm dies zum Anlass für den Abdruck eines Artikels aus dem Jahr 2006, als das Buch erstmals vorgestellt wurde. Ergänzt wird der Beitrag durch Fotografien aus Niagara. Alec Soth, Mitglied der Agentur Magnum, verbindet gekonnt Dokumentarisches und Erzählerisches zu einer Mischung, die nachhaltig in Erinnerung bleibt.
Subversive Kunst in spießigen Zeiten
Wer in der nächsten Zeit Gelegenheit hat, das Museum der bildenden Künste in Leipzig zu besuchen, sollte sich nicht nur die Fotografien von August Sander ansehen, wie kürzlich an dieser Stelle empfohlen, sondern unbedingt auch einige der übrigen Ausstellungsabteilungen. Neben Arno Rink und Gil Schlesinger, die neben anderen einen besonderen Eindruck hinterlassen haben, wird anhand einer raumfüllenden Installation mit Werken Klaus Hähner-Springmühls gezeigt, wie sich im Schatten des repressiven und ultrakonservativen Kultursystems der DDR eine avantgardistische Alternative entwickelt hatte, die den Mächtigen im höchsten Maße suspekt war.
Bücher über Fotografie
Das Angebot an Literatur zur Theorie der Fotografie und ihrer künstlerischen Bedeutung hat in den vergangenen Jahrzehnten beständig zugenommen. Da den Überblick zu behalten, fällt schwer. Das Magazin LensCulture hat kürzlich eine Liste von sechs Büchern vorgestellt, die von zahlreichen Rezensenten immer wieder empfohlen worden sind. Auch wenn die Gültigkeit einer solchen Zusammenstellung nicht überbewertet werden sollte, da Buchempfehlungen immer etwas Subjektives anhaftet, erscheint die Auswahl nachvollziehbar.
Rafal Milachs Dekonstruktion der Realität
Das Medium Fotobuch fordert die Aufmerksamkeit des Betrachters in besonderer Weise. Da werden Geschichten erzählt, die sich mitunter erst erschließen, wenn nach und nach die visuellen Botschaften erkennbar sind und deren Gesamtheit einen Sinn ergibt. Manchmal bietet ein begleitender Text hilfreiche Dienste, manchmal aber auch nicht. Dann wirken die Bilder eher subkutan, als dass sie sich unmittelbar kognitiv ordnen lassen.
Hallenser Allerlei
Die Ausstellungsmacher haben sich da vielleicht ein wenig zu viel vorgenommen. Was gegenwärtig unter dem Titel Ins Offene[nbsp]im Kunstmuseum Moritzburg in Halle an der Saale gezeigt wird, stellt sich trotz einiger herausragender Fotografien am Ende weniger als Kompendium der ostdeutschen Fotokunst der letzten Jahrzehnte dar als vielmehr eine am Ende doch etwas beliebige und lückenhafte Schau. Dabei hätte es eine verdienstvolle Sache werden können, die Entwicklung stilprägender Fotografinnen und Fotografen der früheren DDR nach den Wendejahren zu verfolgen sowie diese mit der Arbeit der nachfolgenden Generation zu vergleichen.
In memoriam Straßenfotografie
Die Ausstellung Street. Life. Photographie[nbsp]in den Hamburger Deichtorhallen wirkt wie eine Reminiszenz an die Vergangenheit, als noch relativ unbekümmert im öffentlichen Raum fotografiert werden durfte. Wer diese Bilder aus den letzten siebzig Jahren Revue passieren lässt, wird sich von einem nagenden Verlustgefühl kaum freimachen können. Vieles von dem, was hier gezeigt wird, geht heute schlichtweg nicht mehr. Sowohl das Recht am eigenen Bild wie auch die neue Datenschutzverordnung bürden der klassischen Straßenfotografie Hemmnisse auf, die das Genre zwangsläufig zur Gattung einer aussterbenden Art werden lassen.
Projektionen, Bedrohung und Poesie
Die Berlinische Galerie zeigt gegenwärtig mit Gier Angst Liebe[nbsp]das Werk der konsequent in Konzeptform denkenden Fotografin Loredana Nemes. Ihre sechs Serien der vergangenen Jahre sind Ergebnis akribischer Arbeit. Der Einsatz der analogen Großbildkamera lässt inszenierte Bilder entstehen, die sich radikal von der schnellen Massenware abheben. Innerhalb der künstlerischen Fotografie zeigt Nemes dabei trotz aller Unterschiedlichkeit der verschiedenen Projekte eine sehr eigene Handschrift.