Sepulcreta

Friedhöfe sind wie eine Metapher für das Leben. Sie erinnern an die Endlichkeit aller Existenz und an die Absurdität des Seins. Niemand kommt aus dieser Welt lebend heraus. Einst trugen Dichter im Dämmerlicht inmitten von Gräbern ihre Verse vor. Die Realität war ihnen ein obskures Ding, jederzeit angreifbar durch Einbrüche aus dunklen Welten. Tote leben als Zeichen der Vergangenheit fort. Ohne Erinnerung der Lebenden jedoch, ohne Gedanken an sie, bleibt nichts von ihnen.

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Wir bedauern die Toten, als fühlten sie den Tod, und die Toten haben doch Frieden.

(Friedrich Hölderlin)

Wenn wir nicht mehr sind, werden wir, was wir sind.

Der Tod ist nicht der Feind des Lebens überhaupt, sondern das Mittel, durch welches die Bedeutung des Lebens offenbar gemacht wird.

(Friedrich Nietzsche)

Zur Mittagszeit fühlt sich der Besucher oft einsam. Bäume flechten Schatten, aber es gibt kaum Bänke zum Verweilen. Die Sonne drückt die heiße Luft gegen die Wände der Monumente.

Und wenn der Tod kommt, meinen sie doch immer wieder, das sei das Neueste und noch nie dagewesen.

(Wilhelm Raabe)

So zerstäubt der Schlag des Todes den ganzen Plunder von unseren Torheiten.

(Jean Paul)

Einige Tote sind beileibe nicht so tot, wie sie zunächst glauben machen. Nur Ignoranten bauen auf einem ehemaligen Friedhof ein Haus oder eine Straße. Die Verstorbenen könnten neue Kräfte entfalten und sich gegen die Dummheit der Lebenden zur Wehr setzen.

Die eine Nacht erwartet alle.

(Horaz)

Ja, Tod, du bist eine eigene Sache, du Tod, du! Schauerlich durch Rätselhaftigkeit, und wärst vielleicht noch schauerlicher, wenn das Rätsel gelöst wär, aber die Würmer können nicht reden, sonst verraten sie`s vielleicht, wie grässlich langweilig dem Toten das Totsein vorkommt.

(Johann Nepomuk Nestroy)

Die Entschlafenen

Einen vergänglichen Tag lebt ich und wuchs mit den Meinen,

Eins um andere schon schläft mir und fliehet dahin.

Doch ihr Schlafenden wacht am Herzen mir, in verwandter

Seele ruhet von euch mir das entfliehende Bild.

Und lebendiger lebt ihr dort, wo des göttlichen Geistes

Freude die Alternden all, alle die Toten verjüngt.

(Friedrich Hölderlin)

Lasst ruhn, lasst ruhn die Todten.

Du weckst sie mit Klagen nicht auf.

(Adalbert von Chamisso)

Alle Strassen münden in schwarze Verwesung.

(Georg Trakl)

Ertragen wir das Leben, das keine große Angelegenheit ist. Fürchten wir den Tod nicht, er ist noch viel weniger.

(Voltaire)

Ach nur in dem Abgrund des Todes ist Ruh`.

(Clemens Brentano)

Ich kann nicht glauben, dass er ernsthaft droht;

ich lebe noch, ich habe Zeit zu bauen:

mein Blut ist länger als die Rosen rot.

(Rainer Maria Rilke)

Der Tod ist der Beginn der Unsterblichkeit.

(Maximilien de Robespierre)

Der Tod hört kein Glockengeläut.

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(c) Ulrich Metzmacher, 2022